Der Anspruch auf ein Zeugnis

Anspruch auf ein Zeugnis hat grundsätzlich jeder Arbeitnehmer (§ 109 GewO) unabhängig von der Dauer seiner Beschäftigung. Für Auszubildende ist dieser Anspruch in § 16 BBiG geregelt. Der Zeugnisanspruch besteht auch beim mündlichen Arbeitsvertrag, bei geringfügiger Beschäftigung, bei einer Nebentätigkeit oder im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

Anspruch auf ein Zeugnis

Auch Praktikanten haben Anspruch auf ein Zeugnis

In einem Leiharbeitsverhältnis besteht ein Anspruch gegen den Verleiher (z.B. die Zeitarbeitsfirma) mit einer entsprechenden Mitwirkungspflicht des Entleihers. Auch für Praktikanten, Volontäre und Hospitanten ist der Anspruch auf ein Zeugnis mittlerweile anerkannt und sollte auch geltend gemacht werden. Hier ist es hilfreich, schon vor Praktikumsbeginn darauf hinzuweisen, dass man ein Zeugnis benötigt.

Gleiches gilt auch für den freien Mitarbeiter. Zwar haben (echte) Selbständige keinen Zeugnisanspruch. Ein solcher kann aber unter Umständen vertraglich vereinbart werden. Ohne jetzt auf das Thema Scheinselbständigkeit einzugehen, kann man sagen, dass die Zeugniserteilung bei freien Mitarbeitern in vielen Berufszweigen mittlerweile auch üblich ist.

Zeugnis: Einfach oder qualifiziert

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dem einfachen Zeugnis und dem Zeugnis, das sich über die Leistung und Führung des Arbeitnehmers auslässt (qualifiziertes Zeugnis bzw. Vollzeugnis). In der Regel sollte man auf einem qualifizierten Zeugnis bestehen. Weil ein einfaches Zeugnis immer die Frage beinhaltet, ob hier etwas verschwiegen werden soll. In der Praxis sind 2/3 der erteilten Arbeitszeugnisse qualifizierte Zeugnisse. Bei leitenden Funktionen und bei Hochschulabsolventen sind es gar über 90 %.

Ferner wird zwischen dem Endzeugnis und dem Zwischenzeugnis unterschieden. Im ungekündigten Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwischenzeugnis, wenn es einen triftigen Grund gibt (Bewerbung um einen neuen Arbeitsplatz, Stellung eines Kreditantrages etc.). In der Regel wird dem Zwischenzeugniserteilungswunsch unproblematisch entsprochen.

Anspruch auf ein Zeugnis entsteht unverzüglich

Das Zeugnis ist unverzüglich zu erteilen. Der Arbeitnehmer kann erwarten, dass der Arbeitgeber das qualifizierte Zeugnis innerhalb von zwei Wochen zu Papier gebracht hat. Der Anspruch auf ein Endzeugnis besteht auch unabhängig davon, ob die Kündigung Gegenstand einer Kündigungsschutzklage ist. Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer den Anspruch auf ein Zeugnis bis zur Grenze der Verjährung geltend machen. Etwas anderes gilt beim Zeugnisberichtigungsanspruch. Hat man Zweifel an der Ordnungsgemäßheit des Zeugnisses, muss man rasch reagieren. Hier nimmt auch das Bundesarbeitsgericht teilweise Fristen von nur 6 Monaten an.

Den Arbeitgebern kann nur geraten werden, den Zeugnisanspruch immer und unverzüglich zu erfüllen. Ein Zurückbehaltungsrecht ist hier ausgeschlossen. Und auch wenn man sich über den Arbeitnehmer ärgert, sollte man hier über seinen Schatten springen, da der Arbeitnehmer den Rechtsstreit um die Zeugniserteilung immer gewinnt. An dieser Stelle zu mauern, ist vollständig vergeblich und bringt einem vor Gericht nur Abzüge in der Sympathienote.

Zum Selbststudium kann ich interessierten Leserinnen und Lesern das Standardwerk „Arbeitszeugnisse in Textbausteinen“ von Weuster/Scheer empfehlen, das mittlerweile in der 13. Auflage erschienen ist. Abgesehen von der Möglichkeit, dieses Werk als Leitfaden für die Zeugniserstellung heran zu ziehen, hilft es auch, das eigene Zeugnis einmal zu prüfen und zu verstehen.

Ihr
Edmund Hellmich

Bild: Sponchia | pixabay.com

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