Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch: Wer zahlt?

Veröffentlicht: 24.10.2016 | Update: 24.09.2022 | Lesedauer: 4 Minuten

Bevor es zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kommt, gibt es meist ein Kennenlernen zwischen Bewerber und Arbeitgeber. Dazu findet in der Regel mindestens ein Vorstellungsgespräch statt. Wer eine Einladung bekommt, hat erst einmal Grund zur Freude. Steht der Termin zum Vorstellungsgespräch, will auch die Anreise geplant werden. Schließlich befindet sich der potenzielle Arbeitgeber selten gleich »um die Ecke«. Das Ganze kann – je nach Entfernung – ziemlich schnell ziemlich teuer werden, erst recht wenn zwei oder mehrere Gespräche angedacht sind. Aber muss der Bewerber die Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch selbst übernehmen oder zahlt der Arbeitgeber? Und falls ja, welche Kosten in welcher Höhe werden dann erstattet?

Fahrtkosten oder Vorstellungskosten?
Welche Kosten sind angemessen?
Wann der Arbeitgeber nicht zahlt
Kostenübernahme durch das Jobcenter

Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch

Obwohl Videointerviews – unter anderem Corona geschuldet – immer beliebter werden, setzen die meisten Unternehmen nach wie vor auf ein persönliches Vorstellungsgespräch. Spricht nun der Arbeitgeber eine Einladung aus, gilt das gute, alte Motto: »Wer einlädt, zahlt«. Mit anderen Worten, grundsätzlich muss der Arbeitgeber die sogenannten Vorstellungskosten übernehmen bzw. erstatten. Der Anspruch auf Erstattung dieser Kosten wird aus § 670 BGB abgeleitet. Dahinter steckt der Gedanke, dass der Bewerber Aufwendungen macht, die letztlich im Interesse des Stellenanbieters liegen – nämlich die Besetzung der offenen Stelle.

Fahrtkosten oder Vorstellungskosten?

Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch müssen nicht die einzigen Vorstellungskosten sein. Es kommt oft vor, dass ein Bewerber am Ort des Arbeitgebers übernachten muss. Sei es, weil die Rückfahrt am selben Tag nicht möglich ist oder weil ein mehrtägiges Assessment-Center stattfindet. Mit den gesamten Vorstellungskosten sind diejenigen Aufwendungen gemeint, die ein Bewerber hat, um den Termin wahrzunehmen:

● Reisekosten für Anreise und Abreise
● Kosten für notwendige Übernachtungen
● Verpflegungsaufwendungen

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Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch und der Aspekt der Notwendigkeit

Der Arbeitgeber muss also nicht nur die reinen Fahrtkosten für die Anreise übernehmen, sondern auch weitere notwendige Reisekosten, die im Zusammenhang mit der Einladung zum Jobinterview für den Bewerber anfallen. Es gibt keine bindende Vorschrift, in welcher konkreten Höhe diese übernommen werden. Stattdessen kommt es auf den Aspekt der Angemessenheit an. Was angemessen ist, lässt sich mitunter weit auslegen, bedeutet aber nicht, dass es immer die billigste Variante sein muss. Orientieren kann man sich unter anderem an den Spesenregelungen für die Reisekostenabrechnung.

Klar dürfte jedoch auch sein, dass etwa eine preiswerte Bahnfahrt einem möglicherweise teureren Mietwagen vorzuziehen ist. Selbst Kosten für einen Flug müssen erstattet werden, wenn sich das aus den Umständen (z.B. sehr große Entfernung) ergibt. Bei einem Vorstellungsgespräch für eine Position auf der höchsten Führungsebene darf es dann schon mal ein Flug in der Business oder First Class sein. Ohnehin ist die Art des Stellenangebots ein guter Hinweis im Hinblick auf die Angemessenheit. Als Bewerber sollte man vielleicht einige Preisvergleiche einholen, bevor es auf die Reise geht.

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Wann müssen Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch nicht erstattet werden?

Unternehmen laden ja nicht nur einen, sondern mehrere Bewerber ein. Dementspreched hoch können die Vorstellungskosten dann ausfallen. Darum haben Arbeitgeber die Möglichkeit, sich von der Verpflichtung zur Erstattung zu befreien, wenn sie in der Einladung zum Vorstellungsgespräch ausdrücklich – und am besten schriftlich – darauf hinweisen. Der Text lautet dann oftmals so oder ähnlich:

»Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihnen auf Grund der Vielzahl der eingeladenen Bewerber entstehende Fahrtkosten für die Anreise zum Vorstellungsgespräch nicht erstatten können.«

In diesem Fall zahlt Bewerber die Fahrtkosten selbst (es sein denn, er ist arbeitsuchend gemeldet). Lehnt der Arbeitgeber die Kostenübernahme aber erst im Vorstellungsgespräch ab, ist das nicht zulässig. In diesem Fall bleibt er in der Pflicht, die Kosten zu übernehmen. Es spielt auch keine Rolle, ob am Ende ein Arbeitsverhältnis zustande kommt oder nicht. Genausowenig, ob es sich um einen unbezahlten Praktikumsplatz oder eine Einladung aufgrund einer Initiativbewerbung handelt.

Erscheint der Bewerber allerdings nicht zum vereinbarten Vorstellungsgespräch oder kommt zu spät, muss der Arbeitgeber die Fahrtkosten nicht erstatten. Das gleiche gilt, sofern ein Bewerber ohne Einladung vor der Tür steht oder versucht, mehrfach Kosten geltend zu machen, die nur einmal angefallen sind. Etwa, falls er am gleichen Tag einen Termin bei zwei verschiedenen Unternehmen am selben Ort hat und von beiden Arbeitgebern die Erstattung der Reisekosten verlangt.

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Erstattung von Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch durch das Jobcenter

Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende sowie Ausbildungsuchende können gegenüber der Arbeitsagentur auch die Kosten im Zusammenhang mit Fahrten zur Berufsberatung, Vermittlung, Eignungsfeststellung und zum Vorstellungsgespräch geltend machen. Hier sollte man unbedingt vorab mit dem zuständigen Sachbearbeiter klären, welche Kosten übernommen werden. Denn auch hier gilt der Aspekt der Angemessenheit. Außerdem kommt eine Kostenübernahme nur dann in Betracht, soweit der Arbeitgeber im Vorfeld explizit auf die Nichtübernahme der Kosten hingewiesen hat oder trotz Aufforderung nicht zahlt.

Fazit

Sinnvollerweise verständigen sich Arbeitgeber und Bewerber schon vorher darauf, in welcher Höhe eine Kostenübernahme in Frage kommt. Das schafft Rechtssicherheit für beide Seiten. Und: Unternehmen sollten sich gut überlegen, ob sie die Erstattung von Fahrtkosten zum Bewerbungsgespräch ausschließen möchten. Das wirkt nämlich geizig und wirft nicht unbedingt ein positives Licht auf den potenziellen Job. Gerade begehrte Fach- und Führungskräfte schauen sich dann lieber bei der großzügigeren Konkurrenz um. Was das in Zeiten des Fachkräftemangels bedeutet, muss man wohl niemandem erklären.

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Gender-Hinweis
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die geschlechtsspezifische Differenzierung nicht durchgehend, sondern meist das generische Maskulinum (z. B. „der Bewerber“). Sämtliche Personenbezeichnungen gelten jedoch gleichermaßen für jedes Geschlecht und sollen keinerlei Benachteiligung darstellen. Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und ist wertfrei.

Beitragsbild: Adobe Stock | Markus Mainka

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