Neue Wege für Mitarbeiter im Einzelhandel

Veröffentlicht: 24.10.2016 | Update: 26.12.2022 | Lesedauer: 4 Minuten

Haben Verkäufer heute ausgedient? Dieser Eindruck drängt sich durch den Boom beim E-Commerce leicht auf. Allerorten ist vom Ladensterben die Rede. Schuld daran: Strukturwandel, Onlinehandel und nicht zuletzt die Corona-Pandemie. Wie kann der Einzelhandel wieder mehr Kunden gewinnen? Welche Chancen haben Mitarbeiter im Einzelhandel, um ihr Geschäft anzukurbeln? Denn eines ist gewiss: Verkäufer haben noch lange nicht ausgedient. Immerhin hat der stationäre Einzelhandel doch den einen oder anderen Vorteil gegenüber der Online-Konkurrenz auf seiner Seite.

Inhalt
Verkäufer als Berater
Vom Vertrieb lernen
Optionen für den Einzelhandel
Fazit

Mitarbeiter im Einzelhandel

Die Vorteile für Kunden beim Online-Shopping liegen auf der Hand: Bequemlichkeit, Vergleichsmöglichkeit, breite Auswahl, Zeitersparnis. Und die Zahl der Online-Shopper steigt weiter. Leidtragender ist dabei vor allem der klassische Einzelhandel, denn die Preiskalkulationen der Online-Anbieter sind im lokalen Geschäft meist nicht zu halten. Gutschein- und Rabattaktionen steigern kurzfristig den Umsatz, nicht jedoch den Unternehmensgewinn. Mitarbeiter im Einzelhandel kennen das »Showrooming«-Szenario nur zu gut: Kunden lassen sich im Laden ihres Vertrauens umfassend beraten, um das Produkt anschließend (preiswerter) im Internet zu kaufen.

Mitarbeiter im Einzelhandel müssen proaktiver werden

Klar, dass solche Kunden zur wachsenden Demotivation innerhalb der Branche beitragen. Welche Anforderungen stellt das veränderte Kaufverhalten an die Mitarbeiter im Verkauf? Verkäufer müssen heute mehr denn je Spezialisten auf ihrem Gebiet sein. Kunden kommen meist mit einer konkreten Kaufabsicht ins Geschäft und sind bereits bestens über Modelle und Features informiert. Deshalb sind kompetente Angestellte im Einzelhandel mit brillantem Produkt- und Fachwissen unverzichtbar.

Sehr viel mehr erfordert die Marktsituation jedoch eine Veränderung in der Einstellung der Mitarbeiter im Einzelhandel. Hier können sie durchaus vom Vertrieb lernen. Wer seine Kunden nur berät, zwingt sie, beim Wettbewerber zu kaufen. Vertriebsmitarbeiter hingegen bauen Kundenbeziehungen aktiv auf, pflegen sie und kämpfen um Abschlüsse. Im Vertrieb dominieren vor allem proaktive Motivationsmuster. Beispielsweise investiert eine große Baumarktkette durchschnittlich 5.000 € in jeden potenziellen Kunden, der – angelockt von Print-, Radio- und TV-Werbung – zur Tür herein kommt. Wenn dann aber Kunden nach ein paar Regalrunden das Geschäft unverrichteter Dinge wieder verlassen, möchten Vertriebsmitarbeiter nur verständnislos mit dem Kopf schütteln.

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Was können Mitarbeiter im Einzelhandel vom Vertrieb lernen?

Was fehlt dem Handel vor Ort? Mitarbeiter im Verkauf schrecken oft vor verbindlichen Aussagen und Absprachen zurück. »Schauen Sie sich ganz in Ruhe um« – und Kunden machen ganz genau das. Sie folgen dieser freundlich gemeinten Einladung, um anschließend das Geschäft zu verlassen und das Produkt online zu bestellen. Wer Menschen informiert, regt zum Nachdenken an. Wer aber Menschen überzeugt, regt zum Handeln an. Diese Überzeugungsarbeit ist eine extrem wichtige Phase im Verkaufsgespräch.

Ungefähr 30% eines Verkaufsgesprächs im Vertrieb dienen der Kontaktaufnahme und dem Aufbau einer positiven Gesprächsatmosphäre, 60% der Information – hier werden Kunden klassisch beraten. In den verbleibenden 10% des Gesprächs sollen Kunden motiviert werden, die gewünschte Aktion auszuführen. Für viele Mitarbeiter im Einzelhandel aber existiert diese wichtige Gesprächsphase nicht. Schaffen sie es jedoch, durch zielgerichtete Gesprächsführung Kunden von selbst auf die Vorteile des Sofortkaufs kommen zu lassen, so tritt die Option Onlinebestellung schnell in den Hintergrund.

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Optionen für den Einzelhandel

Der direkte Kundenkontakt und die Möglichkeit zum Sofortkauf sind die großen Vorteile im Einzelhandel! Kunden können die Ware im Original sehen, anfassen und intensiv ausprobieren. Eine individuelle Beratung minimiert die Gefahr eines Fehlkaufs und Kunden können ihre »Beute« sofort mitnehmen. Außerdem stehen auch dem Einzelhandel digitale Wege offen – beispielsweise durch Zusatzservices wie »Click and Collect«.

Was ist »Click and Collect«?

Kurz gesagt bedeutet »Click and Collect«: Online bestellen, im Geschäft abholen. Das Verfahren ist Teil einer Cross- bzw. Multichannel-Strategie. Hier verbinden sich aus Kundensicht die Vorteile des Online- und Offline-Shoppings. Sie können ganz bequem zuhause aussuchen und bestellen. Bei der Lieferung ins Geschäft fallen keine Versandkosten an und es geht schneller als mit regulären Versandoptionen. Die Abholung ist flexibler, auch Retouren sind weniger aufwendig und in der Regel ebenfalls kostenlos. Kunden schätzen zudem, dass sie die bestellten Produkte vor dem Kauf im Laden ausprobieren können, eine Fachberatung durch die Mitarbeiter im Einzelhandel bekommen sowie zusätzliche Informationen und weitere Angebote vor Ort nutzen können.

Wie uns die Verkaufspsychologie lehrt, ist beim Einkaufen das menschliche Unterbewusstsein eine treibende Kraft. Für die Kaufentscheidung spielt deshalb der Preis nur bedingt eine Rolle. Kunden wünschen sich vor allem ein positives Einkaufserlebnis. Der stationäre Einzelhandel hat hier einiges zu bieten, weil – anders als beim Online-Shopping – alle Sinne des Kunden angesprochen werden. Sie sehen das Produkt nicht lediglich am Bildschirm, sondern ganz real. Sie können es berühren oder probieren. Ein angenehmes Ambiente im Geschäft schafft eine Wohlfühlatmosphäre und auch kleine Extras – wie die Tasse Kaffee – sorgen für positive Emotionen.

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Fazit

Sicherlich – die Konkurrenz durch den weiter zunehmenden E-Commerce ist groß. Trotzdem muss das klassische Ladengeschäft nicht klein beigeben. Es kann aus dem Einkauf vor Ort ein besonderes Erlebnis machen und sich durch Cross-Channel-Angebote ein zusätzliches Standbein aufbauen. Das wichtigste wird aber immer der direkte Kontakt zu Kunden bleiben. Aus diesem Grund sind die Mitarbeiter im Einzelhandel dessen wichtigstes Kapital. Sie benötigen Fachwissen sowie ein freundliches, kompetentes und kundenorietiertes Auftreten. Zugleich sollten Mitarbeiter im Verkauf aber auch in den nötigen Gesprächstechniken geschult werden. Weg von rein reaktiver Beratung hin zu aktivem Verkauf – damit der Besuch im Geschäft nicht mit einem »Schauen Sie sich ganz in Ruhe um« endet.

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Gender-Hinweis
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die geschlechtsspezifische Differenzierung nicht durchgehend, sondern meist das generische Maskulinum (z. B. „der Mitarbeiter“). Sämtliche Personenbezeichnungen gelten jedoch gleichermaßen für jedes Geschlecht und sollen keinerlei Benachteiligung darstellen. Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und ist wertfrei.

Beitragsbild: Paul Jakob Photography

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