Die Kundenrückgewinnung im Kundenmanagement

Die Neukunden-Gewinnung ist infolge gesättigter Märkte in vielen Branchen völlig ausgereizt. Auch die Bestandskundenpflege wird zunehmend beschwerlich. Denn klassische Kundenbindungsstrategien funktionieren nicht mehr. Die Wechselbereitschaft ist sozial akzeptiert. Und sie steigt dramatisch. Da bleibt nur noch die dritte Säule im Kundenmanagement: die systematische Kundenrückgewinnung. Dahinter steckt ein weitgehend unentdecktes Potenzial mit gewaltigen Ertrags-Chancen.

Kundenrückgewinnung

Unternehmen wollen mehr Umsatz? Sie sollten die teure und aufreibende Jagd nach neuen Kunden mal zurückstellen und sich ihre alten wiederholen! Nur wen? Und wie? Kundenverluste werden, wenn überhaupt registriert, ja meist tabuisiert oder als Bagatellschaden abgetan. Ein Computer fehlt beim Inventar: großes Trara! Ein Kunde – und damit ein Vielfaches an Wert – fehlt am Ende des Jahres: Schulterzucken! Da kann man nichts machen, passiert halt, suchen wir uns eben Neue.

Aus den Augen – aus dem Sinn

Über seine verlorenen Kunden redet man nicht. Sie sind offensichtlich der lebende Beweis für eine Niederlage. Und wer gibt schon gerne Niederlagen zu? Lieber beschäftigt man sich mit zweifelhaften Siegen im Neukunden-Geschäft – selbst wenn diese mit hohen Streuverlusten und beträchtlichem finanziellen Aufwand teuer erkauft wurden.

Fast immer lohnt es sich, Zeit und Geld in die Kundenreaktivierung zu investieren. In vielen Punkten ist sie der Neukunden-Akquise sogar deutlich überlegen. So zeigen Untersuchungen und Praxisberichte immer wieder:

  • Die Abschlussquote beim Reaktivieren ehemaliger Kunden ist meist höher als im Neugeschäft.
  • Es fallen vergleichsweise weniger Kosten an, wenn verlorene Kunden zurück gewonnen werden, anstatt neue zu akquirieren.
  • Sowohl die Loyalität als auch die Rentabilität der reaktivierten Kunden sind oft höher als die der neuen Kunden.

Erschreckend ist nun: Nur zwölf Prozent aller Unternehmen betreiben ein systematisches Kundenrückgewinnungsmanagement. 35 Prozent beschäftigen sich überhaupt nicht mit dem Thema. Und 53 Prozent tun das höchstens punktuell. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung unter 300 Führungskräften der deutschen Wirtschaft im Rahmen des Excellence Barometers 2009. Die professionelle Kundenrückgewinnung muss somit stärker in den Brennpunkt rücken. Sie kann sich zu einem zentralen Wettbewerbsvorteil entwickeln.

Die Facetten der Kundenrückgewinnung

Das Kundenrückgewinnungsmanagement beginnt dann, wenn alle Loyalisierungsmaßnahmen erfolglos blieben, wenn also der Kunde die Geschäftsbeziehung offiziell beendet oder das Unternehmen stillschweigend verlassen hat. Demnach ergeben sich zwei Ansatzpunkte:

  • das Kündigungsmanagement mit dem Ziel des Abwehrens beziehungsweise der Rücknahme von Kündigungen
  • das Revitalisierungsmanagement mit dem Ziel der Wiederaufnahme der abgebrochenen beziehungsweise eingeschlafenen Geschäftsbeziehung.

Immer geht es dabei um zwei überlebenswichtige Fragen: Wie können wir in Zukunft die Verluste profitabler Kunden vermeiden? Und wie können wir bei den reaktivierten Kunden eine dauerhafte „zweite Loyalität“ aufbauen? Mit der Beantwortung dieser beiden Fragen beschäftigen sich die folgenden fünf Teile dieser Serie. Hier zunächst der Überblick:

Der Prozess der Kundenrückgewinnung

Der Prozess des Rückgewinnungsmanagements lässt sich in fünf Schritten darstellen:

  1. Identifizierung der verlorenen beziehungsweise „schlafenden“ Kunden
  2. Analyse der Verlustursachen
  3. Planung und Umsetzung von Rückgewinnungsmaßnahmen
  4. Erfolgskontrolle und Optimierung
  5. Prävention beziehungsweise Aufbau der „2. Loyalität“

Alle Maßnahmen zielen letztlich auf den fünften Schritt: der Prävention von Kundenverlusten. Denn noch besser als verlorene Kunden zu reaktivieren ist es natürlich, erst gar keine zu verlieren. Je länger ein Unternehmen einen rentablen Kunden hält, desto mehr Gewinn kann es durch ihn erzielen.

Daher sollte es oberstes Ziel sein, möglichst keinen einzigen profitablen Kunden zu verlieren, den man behalten will. Und bei den zurück gewonnenen Kunden gilt es, eine „zweite Loyalität“ aufzubauen. Das heißt: Die Gründe (diesmal) zu bleiben sind besser als die Gründe (wieder) zu gehen. Denn eäine dritte Chance gibt es so gut wie nie.
Alle Erkenntnisse aus dem Prozess der Kundenrückgewinnung führen zu präventiven Maßnahmen, um zukünftige Kundenabwanderungen zu minimieren und eine „zweite Loyalität“ aufzubauen.

Anne M. Schüller

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Bild: TheDigitalArtist | pixabay.com

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