Kennzahlen: Kundenrückgewinnung – Schritt 4

Kundenrückgewinnungsaktionen müssen sich rechnen und einen Beitrag zur ökonomischen wie auch zur ideellen Wertschöpfung leisten. Es kommt also nicht nur darauf an, dass am Ende ein Mehrertrag in der Kasse ist, sondern auch, dass das Unternehmen seinen Ruf am Markt weiter verbessern konnte. Ein System mit Kennzahlen zur Kundenrückgewinnung hilft, dies zu realisieren.

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Kontrolle also ja, aber übertreiben Sie nicht! Kundenrückgewinnung ist eine Sache für Menschenversteher – und nicht für Controlling-Fanatiker. Überbordende Bürokratie züchtet nur uninspirierte, angepasste, stromlinienförmige Mitarbeiter, die wie Aufzieh-Puppen Dienst nach Vorschrift tun. Und dann fehlt es hinten und vorne an neuen, frischen Ideen, die man gerade bei der Kundenrückgewinnung und anschließenden Reloyalisierung so dringend braucht.

Kennzahlen zur Kundenrückgewinnung

Die folgenden Kennzahlen helfen, die Rentabilität durchgeführter Rückgewinnungsprogramme zu bewerten.

• Die Ursachenübersicht

Hierzu lassen sich Berichte erstellen, die die Abwanderungs- beziehungsweise Kündigungsgründe mengenmäßig erfassen und optisch aufbereiten. Den einzelnen Gründen kann der entgangene Umsatz beziehungsweise Deckungsbeitrag zugeordnet werden. Auch die Kosten, die für die jeweilige Fehlerbehebung, Nachbesserung, Ersatzlieferung, Wiedergutmachung und so weiter. anfielen, können entsprechend zugeordnet werden. So entsteht eine Prioritätenliste für die anschließenden Präventiv-Maßnahmen.

• Die Rückgewinnungsrate

Das ist die Anzahl der wieder gewonnenen Kunden geteilt durch die Anzahl der kontaktierten Kunden. Wer die Eingabe in Datenbanken scheut: Hier reicht bereits eine einfache Strichliste. Optisch ansprechend aufbereitete Unterlagen machen allerdings mehr her als simple Excel-Tabellen, vor allem dann, wenn es gilt, die Geschäftsleitung vom unternehmerischen Nutzen der Aktion zu überzeugen.

• Die Veränderung der Verweildauer

Das ist die frühere durchschnittliche Verweildauer der Kunden im Verhältnis zur neuen durchschnittlichen Verweildauer. Dies lässt sich nach verschiedenen Kriterien (Branche, Alter, Geschlecht, Berufsgruppe etc.) weiter spezifizieren. Jede Verbesserung wirkt sich positiv auf die Erträge aus. Denn Kunden werden in vielen Branchen ja erst im Laufe der Zeit, und zwar von Jahr zu Jahr, immer wertvoller. Bei Versicherungen und Kreditkarten-Instituten zum Beispiel übersteigen die Kunden-Gewinnungskosten die Erträge der ersten zwei bis drei Jahre.

• Die Veränderung der Kundenfluktuation

Das ist die Fluktuationsrate 1 (vor Beginn der Aktivitäten) verglichen mit der Fluktuationsrate 2 (danach, zu einem festgelegten Zeitpunkt errechnet). Wenn beispielsweise eine Firma pro Jahr im Durchschnitt 25 Prozent ihrer Kunden verliert, heißt das, dass die Kunden im Durchschnitt vier Jahre bleiben, sich also der komplette Kundenstamm alle vier Jahre erneuert. Diese Zahlen lassen sich für einzelne Kundengruppen, für den Gesamtbetrieb, für einzelne Bereiche oder bei Filialisten für die einzelnen Niederlassungen ermitteln und vergleichen.

• Die Veränderung des Kundenwerts

Das ist der frühere Kundenwert im Vergleich zum zukünftigen Kundenwert. Dieser setzt sich aus dem „Lifetime Value“ und dem „Recommendation Value“ zusammen. Der „Lifetime Value“ ist, vereinfacht ausgedrückt, der kumulierte zukünftige Ertrag (abgezinst) plus Kosteneinsparungen. Hinzugerechnet werden sollte der Referenzwert oder „Recommendation Value“ eines Kunden, das heißt, in welchem Maße es gelingt, durch seine Empfehlungen neue Kunden zu gewinnen.

• Der Rückgewinnungsgewinn

Das sind die Rückgewinnungskosten im Verhältnis zum Rückgewinnungsertrag. Dabei muss der Anteil der erfolgreichen Rückgewinnungen die Fehlschläge mitfinanzieren. Im Rückgewinnungsertrag soll nicht nur der zurück gewonnene Umsatz berücksichtigt werden, vielmehr sollen auch ideelle Werte wie Imagezugewinn, positive Mundpropaganda, Lerngewinne und so weiter mit einbezogen sein.

• Die Nachkalkulation der Rückgewinnungskosten

Das sind budgetierte Kosten zu tatsächlichen Kosten. Das entscheidende Ziel ist nicht, sein Budget einzuhalten, sondern die maximal möglichen Ergebnisse zu erzielen. Sollten die budgetierten  Gelder dafür nicht reichen, muss eben nachbudgetiert werden. Und wenn sich herausstellt, dass die Ergebnisse aus der Rückgewinnung deutlich besser sind als die aus der Neukunden-Akquise, sind die Budgets logischerweise umzuschichten.

• Die Abwanderungsbewegungen

Hierbei wird aufgezeichnet, zu welchen Wettbewerbern die Kündiger abgewandert sind und welche jeweiligen Wechselgründe sie dazu angegeben haben. Ebenso kann erfasst werden, welche Kunden man weshalb von der Konkurrenz (zurück) gewonnen hat. So lassen sich Umverteilungsströme darstellen und nützliche Erkenntnisse gewinnen. Gerade Mitarbeiter im Rückgewinnungsmanagement verfügen aufgrund ihrer tief gehenden Kundengespräche über exzellente Wettbewerbskenntnisse. Dies kann für die interne Marktforschung, für das Quality Management und die Entwicklungsabteilung sehr hilfreich sein.

Das Rückgewinnungswissen managen

Die Beschäftigung mit diesen Kennzahlen zur Kundenrückgewinnung bringt Unternehmen mächtig voran. So kann man verschiedene Aktionen miteinander vergleichen. Die Wirksamkeit unterschiedlicher Rückgewinnungsangebote lässt sich überprüfen. Es kann erfasst werden, bei welchen Kundengruppen welche Rückholmaßnahmen anschlagen. Ferner sehen Sie, wie ein mehr oder weniger gutes Timing die Ergebnisse beeinflusst. Und Sie erkennen, welche Betreuer ein besonderes Talent in Sachen Reaktivierung haben.

Schließlich können auf diese Weise die Verlustursachen immer besser spezifiziert und (hoffentlich) nahezu völlig eliminiert werden. Und die Tools zur Identifikation der gefährdeten Kunden lassen sich zunehmend verfeinern. So führt der Managementprozess der Kundenrückgewinnung dazu, dass das gesamte Unternehmen zu einer lernenden Organisation in Sachen Prävention von Kundenschwund wird.

Anne M. Schüller

Mehr erfahren: Kundenrückgewinnung Schritt 5 – Kundenfluktuation vermeiden

Bild: Mediamodifier | pixabay.com

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