Anglizismen im Beruf: Sinn oder Unsinn?

Waren Sie heute auch schon im Meeting? Haben Sie Ihren Forecast performt? Gerade im Sales – pardon Vertrieb – haben sich Anglizismen längst etabliert. Man schaue sich nur mal die englischen Berufsbezeichnungen an. Gab es überhaupt jemals eine deutsche Bezeichnung für einen Key Account Manager? Fakt ist, alle Übersetzungen, die mit „Schlüssel“ beginnen, können eigentlich nur nach hinten losgehen. Geschweige denn, dass jemand sie benutzen würde.

anglizismen

Auch „Snobismus“ ist englischen Ursprungs

In einem Interview (!) mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisiert der Sprachwissenschaftler Jürgen Trabant den inflationären Gebrauch von englischen Begriffen im Deutschen. Auf die Frage der F.A.Z., ob es ihm eher um die englischen Begriffe an sich oder um Leute gehe, die sich so ausdrücken, antwortete er, dass er sich an den Anglizismen nicht so sehr störe. Er frage sich jedoch, ob „(…) wir diesen Snobismus mitmachen …“ müssen und verwendet dafür ein Wort, das ganz klar englischen Ursprungs ist.

Genauso gut hätte er sagen können „Wichtigtuerei“. Und damit ein vernachlässigtes deutsches Wort in Erinnerung rufen können. Natürlich ist es nervig, wenn man jemanden auf der Straße sagen hört: „Ich fühle mich heute nicht so connected mit euch“. Oder: „Ich hätte gern einen Coffee to go zum mitnehmen“. Das ist ganz klar.

Sprache ist ein Prozess

Man darf aber zugleich die Tatsache nicht vergessen, dass Sprache nicht statisch ist und noch nie war. Sprache ist ein Prozess. Sie ist stets in Bewegung und unterliegt kontinuierlichen Veränderungen und Einflüssen. Was wir als deutsche Sprache bezeichnen, ist eine bunte Mischung aus lateinischen, (alt)griechischen, italienischen, jiddischen, französischen oder arabischen Einflüssen. Die Befürchtungen über die Auswirkungen dieser Einflüsse auf die deutsche Sprache sind ebenfalls nicht neu.

Die Durchdringung des beruflichen Umfeldes mit der englischen Sprache lässt sich heute zu einem großen Teil mit der globalen Vernetzung erklären. Und in diesem Zusammenhang mit einer Vereinfachung der Kommunikation.

Geht es im Beruf noch ohne Anglizismen?

Würde man heute im Geschäftsumfeld englische Begriffe verbannen, würden vermutlich viele Gespräche so ablaufen: „Ähm, na wir haben nachher ein, ähm, geschäftliches Treffen mit der, ähm, na mit denen, die für die personellen Kapazitäten zuständig sind, um über die, ähm, das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Leben zu sprechen“. Klingt irgendwie seltsam, oder? „Wir haben ein Meeting mit der Human Resources Abteilung wegen der Work Life Balance“, ist sicherlich auch kein schöner Satz. Die Botschaft kommt jedoch an.

Auch im Alltag ist es oft so, dass Anglizismen näher oder treffender scheinen. Man schaut englischsprachige Serien oder Filme aufgrund schlechter Synchronisation im Original. Oder man liest Bücher in englischer Sprache. Dies trifft in jedem Fall auf viele zu, die zwischen 18 und 50 Jahre alt sind.

Das Wort „Feedback“ etwa hat sich im Alltag wie im beruflichen Umfeld weitgehend durchgesetzt. Der deutsche Begriff „Rückmeldung“ klingt dagegen bürokratisch und streng. Während „Feedback“ hauptsächlich positive Assoziationen weckt und die Idee zur Möglichkeit einer gegenseitigen Weiterentwicklung in sich trägt. Makes Sense.

P. S. Auch wir beeinflussen übrigens die englische Sprache. Man nehme nur „Bratwurst“, „Autobahn“ oder „Schnapps“.

Siehe auch: Schlagfertigkeit im Beruf – erlernbar oder nicht?

Bild: azrael74 | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt

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