Korruption und Betrug: Im Vertrieb keine Seltenheit

Verkaufen ist ein Stück Lebenseinstellung und kann einem jeden Tag sehr viel Vergnügen bereiten. Doch der Vertrieb kennt auch die Schattenseite. Zum Beispiel wenn der Leistungsdruck zunimmt und gerade am Jahresanfang seitens der Vertriebsleitung oder der Geschäftsführung die neuen Kennzahlen festgelegt werden, die es im Laufe des Jahres zu erreichen gilt. Im Idealfall wird der Vertriebsmitarbeiter mit in den Prozess der Leistungsfestlegung integriert. In den meisten Fällen jedoch werden die Zahlen ausgehend vom Vorjahresergebnis festgelegt und manche Verkäufer fragen sich unweigerlich, wie weit man die Zahlen noch nach oben korrigieren kann, wann das Ende der Leistungsschraube erreicht ist. Das öffnet Betrug und Korruption Tür und Tor.

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Immer wieder bestimmen Untreue, Bestechung, Betrug oder Insider-Handel die Schlagzeilen der Medien. Meistens vor allem dann, wenn es große Konzerne oder zumindest bekannte Namen betrifft. Aktuell betrifft es niemand geringeren als unseren ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, gegen den die Staatsanwaltschaft aufgrund von „Vorteilsnahme“ bzw. „Vorteilsgewährung“ ermittelt.

BKA spricht von Gebern und Nehmern

Das BKA spricht in seinem Bundeslagebild Korruption, das jährlich erscheint, von „Gebern“ und „Nehmern“. Für das Jahr 2010 wurden insgesamt über 23.000 Korruptionsstraftaten und Begleitdelikte festgestellt. Zu den Begleitdelikten zählen insbesondere Betrugs- und Untreuehandlungen, Urkundenfälschung, wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen, Strafvereitelung, Falschbeurkundung im Amt, Verletzung des Dienstgeheimnisses und Verstöße gegen strafrechtliche Nebengesetze. Damit erreichte man im Jahr 2010 den höchsten Stand seit 1995.

Insgesamt kam es zu 1.813 Ermittlungsverfahren registriert, von denen 89 Prozent der sogenannten strukturellen Korruption zuzuordnen sind. Unter struktureller Korruption versteht man die „korruptive Handlung zwischen Nehmer und Geber […] während einer längerfristig angelegten Beziehung, welche bereits vor der eigentlichen Tatbegehung geplant wurde.“

Korruption mit System

Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, dass es sich bei Bestechung / Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und der durch die Causa Wulff aktuell diskutierten Vorteilsannahme/Vorteilsgewährung keinesfalls um gelegentliche „Eine Hand wäscht die andere“-Praktiken handelt. Sondern um ein systematisches Vorgehen, bei dem es viele Beteiligte gibt. Und bei einem Gesamtvolumen der monetären Vorteile von 96 Mio. Euro auf Nehmerseite und 128 Mio. Euro auf Geberseite wird auch klar, warum dem so ist.

Ein Großteil der Fälle betreffen den Vertrieb

Welche Relevanz aber haben diese statistischen Daten ausgerechnet für den Vertrieb? Das wird vor allem dann klar, wenn man eine weitere Zahl hinzunimmt. Denn insgesamt 41 Prozent aller Fälle betreffen die Erlangung von Aufträgen und dort heißen die Beteiligten Ein- und Verkauf.

Die Autoren Britta Bannenberg und Wolfgang Schaupensteiner schreiben in ihrem Buch Korruption in Deutschland: „Korruption ist effektiv, attraktiv und lukrativ […] Schmiergeldzahlungen sind in vielen Branchen bereits Teil der Geschäftspolitik und fügen dem Fiskus jährlich Schäden in Milliardenhöhe zu.“

Wie schnell man übrigens die Grenze überschreiten kann, lässt sich auch daran bemessen, dass 89 Prozent der Vorteile in Sachzuwendungen bestehen und nur 8 Prozent Vorteile in Form von Bargeld ausmachen. Da wird das „Dankeschön“ ganz schnell zum knallharten Fall von Wirtschaftskriminalität.

Quelle: Bundeskriminalamt

Bildquelle: Martin Schotte | pixabay.com

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