Lieferkette und Vertrieb – Wie hängt das zusammen?

Veröffentlicht: 07.05.2023 | Lesedauer: 5 Minuten

Die Arbeit des Vertriebs wird durch viele Faktoren beeinflusst. Dazu gehört unter anderem die Lieferkette. Denn ohne funktionierende Lieferketten gelangt kein Rohstoff vom Lieferanten zum Produzenten und kein fertiges Produkt zum Endkunden. Einerseits ist in jedem Unternehmen der Vertrieb – als Bindeglied zum Kunden – fester Bestandteil der Lieferkette, andererseits ist er von deren Stabilität abhängig. Jeder Vertriebler sollte sich darum der Bedeutung bewusst sein. Was versteht man unter Lieferkette und welche Auswirkungen hat sie auf den Vertrieb?

Inhalt
Definition Lieferkette
Phasen und Merkmale der Lieferkette
Lieferkettengesetz
Lieferketten-Probleme

grafische Abbildung einer Lieferkette

Definition: Lieferkette – Kurz erklärt

Mit dem Begriff Lieferkette, alternativ Versorgungskette (engl. = Supply Chain), wird der Ablauf beschrieben, der erforderlich ist, um ein Produkt oder eine Dienstleistung an den Endkunden zu bringen. Das umfasst alle betrieblichen und logistischen Schritte von der Beschaffung über die Produktion bis hin zur Lieferung an den Kunden. Ein ursprüngliches, einfaches Supply Chain Modell geht dabei von einem in sich geschlossenen, dreigeteilten System zwischen Lieferanten (A), Produzenten (B) und Kunden (C) aus.
Moderne Definitionen sprechen eher von einem Netzwerk, weil inzwischen – nicht zuletzt aufgrund der Globalisierung – komplexere wirtschaftliche Beziehungsstrukturen bestehen. So haben die meisten Produzenten verschiedene Zulieferer, die ihrerseits auf Zulieferer angewiesen sind; es ist externe Logistik zwischengeschaltet, Distributionswege durchlaufen oft mehrere Stufen usw.. Deshalb müssten zur Definition all diese Verflechtungen in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden.

Was ist der Unterschied zwischen Wertschöpfungskette und Lieferkette?

Zuweilen wird die Lieferkette (Supply Chain) mit der Wertschöpfungskette (Value Chain) gleichgesetzt. Aber es gibt doch einen kleinen Unterschied. Während die Liefer- bzw. Versorgungskette diejenigen Schritte darstellt, durch die ein Produkt zum Kunden gelangt, gibt es in der Wertschöpfungskette noch eine weitere Dimension. Es geht dabei um den spezifischen Mehrwert, den ein Unternehmen während des Produktlebenszyklus hinzufügt. Das können zum Beispiel besondere Qualitätsmerkmale oder Serviceleistungen sein, aber auch der Umgang mit Mitarbeitern. Durch den Mehrwert in der Wertschöpfungskette soll letzten Endes ein Alleinstellungsmerkmal und so ein Wettbewerbsvorteil generiert werden.

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Phasen und Merkmale einer Lieferkette

Beschaffung

Die Beschaffungsphase umfasst das Wareneingangsmanagement. Wieviele Rohstoffe oder Vorprodukte müssen wann, wo und zu welchem Preis eingekauft werden, damit im Unternehmen ausreichend Material zur rentablen Produktion zur Verfügung steht?

  • Beispiel: Ein Teigwarenhersteller kauft Weizen und Eier zur Nudelproduktion bei verschiedenen bäuerlichen Erzeugern ein.

Produktion

In der Produktionsphase geht es um die Herstellung des eigentlichen Produkts. Hier spielt die Mengensteuerung eine Rolle. Je nach Abnahmeverhalten der Kunden (z.B. saisonal bedingt) muss die Produktion gegebenenfalls gedrosselt oder gesteigert werden, was sich dann auf Beschaffung, Lagerung und Verteilung auswirkt.

  • Beispiel: Aus den gelieferten Rohstoffen werden verschiedene Nudelsorten hergestellt (Frischware für’s Kühlregal, lang haltbare Trockenprodukte).

Distribution

In der Distributionsphase kommen Vertrieb und Logistik ins Spiel. Es müssen Abnehmer für das fertige Produkt gefunden werden und dieses muss den Kunden in einwandfreiem Zustand innerhalb vereinbarter Lieferzeiten erreichen.

  • Beispiel: Der Teigwarenhersteller vertreibt die Nudeln an mehrere Groß- und Einzelhändler, wo Endkunden – wie Gastronomie oder Verbraucher – diese dann erwerben. In der Zwischenzeit müssen die Nudeln gelagert werden und je nach Bestellmenge abrufbar und lieferbar sein.

Durch eine stabile Lieferkette soll gewährleistet werden, dass der Warenfluss zum Endkunden ohne Qualitäts- und Zeiteinbußen reibungslos verläuft. Dabei müssen sich Kosten und Verkaufspreise in einem wettbewerbsfähigen Rahmen bewegen. Weil das Lieferketten-System sehr komplex ist, bedarf es einer umfangreichen Planung und Steuerung durch das Supply Chain Management. Eine gut funktionierende Lieferkette muss effizient, flexibel und resilient sein. Das bedeutet ein hohes Maß an Koordination zwischen den an der Versorgungskette beteiligten Einheiten, die zwar jeweils für sich autonom arbeiten, aber dennoch stetig transparent miteinander kommunizieren müssen.

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Exkurs: Das Lieferkettengesetz

Viele Unternehmen beziehen Rohstoffe, Zwischen- oder Endprodukte global, auch aus Ländern, in denen Arbeitsbedingungen herrschen, die Menschenrechte verletzen. Dem wollte der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben und hat ein Lieferkettengesetz (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – LkSG) verabschiedet. Das Lieferkettengesetz ist in Deutschland am 01.01.2023 in Kraft getreten. Durch das Gesetz sollen Lieferketten transparenter und Menschenrechtsverletzungen innerhalb der Supply Chain verhindert werden. Unternehmen werden also stärker in die Pflicht genommen; sie müssen nun für die Einhaltung von Menschenrechten in der gesamten Lieferkette sorgen, sie müssen Beschwerdemöglichkeiten schaffen sowie ihre Aktivitäten offenlegen.

Allerdings gilt das Lieferkettengesetz bisher nur für Unternehmen, die mehr als 3.000 Mitarbeiter beschäftigen. Es betrifft also nur einen Bruchteil aller Lieferketten und nur wenige deutsche Unternehmen. Obwohl voraussichtlich ab 2024 auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern einbezogen werden sollen, hat es viel Kritik gegeben. Verbraucherschützern und Menschenrechtsorganisationen geht das Lieferkettengesetz in der vorliegenden Form nicht weit genug; betroffene Unternehmen bemängeln einen viel zu hohen bürokratischen Aufwand und befürchten in der Folge weitere Lieferketten Probleme.

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Welche Auswirkungen haben Lieferketten Probleme?

Selbstverständlich sollte es oberstes Ziel sein, über eine resiliente, stabile Lieferkette zu verfügen. Aber jede Lieferkette ist bestimmten Risiken ausgesetzt. Vor allem in äußeren Faktoren, die sich trotz sorgfältiger Analysen nicht punktgenau voraussagen lassen, liegt ein hohes Gefahrenpotenzial. So können beispielsweise Extremwetter oder Krisen jeder Art für Ausfälle bei der Beschaffung sorgen, was sich unmittelbar auf die Produktion auswirkt. Auch Transportwege werden oft durch Einwirkungen von außen beeinträchtigt. Das hat zur Folge, dass Mangellagen entlang der Supply Chain entstehen, Lieferzeiten nicht eingehalten werden können oder Preise angepasst werden müssen.

Durch Probleme in der Supply Chain ist auch der Vertrieb direkt betroffen. Vertriebsmitarbeiter sorgen in der letzten Phase der Lieferkette für den Umsatz, aus dem unter anderem Beschaffung, Produktion, Lagerhaltung und Transport refinanziert werden müssen. Sie können aber nicht weiterhin gut verkaufen, wenn die Lieferkette instabil geworden ist. In einer derartigen Lage ist dann Verhandlungs- und Kommunikationsgeschick gefragt. Denn am Ende sind es die Vertriebler, die Kunden gegenüber Lieferketten Probleme kommunizieren sowie eventuell daraus resultierende Preiserhöhungen vermitteln müssen. Und das in einer Form, die die Kundenzufriedenheit nicht auf der Strecke bleiben lässt. Umso wichtiger also für Unternehmen, ihren Vertrieb auf den Umgang mit solchen Situationen vorzubereiten.

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Gender Hinweis
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die geschlechtsspezifische Differenzierung nicht durchgehend, sondern meist das generische Maskulinum (z. B. „der Vertriebsmitarbeiter“). Sämtliche Personenbezeichnungen gelten jedoch gleichermaßen für jedes Geschlecht und sollen keinerlei Benachteiligung darstellen. Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und ist wertfrei.

Beitragsbild: Adobe Stock | sh99

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