Mehrstufiger Vertrieb ➤ Definition, Beispiele, Vor- und Nachteile

Veröffentlicht am 19.07.21

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Wie kommen Produkte zum Kunden? Das geschieht über die sogenannten Vertriebs- bzw. Absatzwege. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: den direkten oder den indirekten Vertrieb. Wofür sich ein Unternehmen entscheidet, hängt einerseits vom eigenen Angebot und der unternehmerischen Ausrichtung ab. Andererseits kommt es darauf an, welche Kunden wie und wo erreicht werden sollen. Ein indirekter, mehrstufiger Vertrieb gehört mit zu den am häufigsten genutzten Absatzvarianten, denn er bietet einige Vorteile gegenüber dem Direktvertrieb. Allerdings ist er nicht überall gleichermaßen gut geeignet und bringt auch Nachteile mit sich.

mehrstufiger Vertrieb Absatzwege

Mehrstufiger Vertrieb – Was ist das?

Während beim direkten Vertrieb Hersteller ihre Produkte unmittelbar an den Endverbraucher verkaufen, bedient sich das Modell mehrstufiger Vertrieb sogenannter Absatzmittler. Das bedeutet, dass zwischen Unternehmen und Kunden mehrere Stufen zwischengeschaltet sind und der Hersteller keinen direkten Kontakt zum Endverbraucher hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich beim Endverbraucher um Privatpersonen oder Geschäftskunden handelt. Mehrstufiger Vertrieb ist also immer indirekter Vertrieb. Aus wie vielen Stufen der Vertriebs- bzw. Absatzweg besteht, wird durch die Anzahl der Absatzmittler bestimmt. Als solche kommen zum Beispiel der Großhandel, der Einzelhandel, Handelsvertreter und Plattformen für den Online-Handel in Frage. Den Klassiker beim indirekten einstufigen Vertriebsweg bildet die Konstellation Hersteller – Supermarkt – Kunde. Mehrstufiger Vertrieb wird daraus, wenn mindestens noch ein weiterer Absatzmittler seine Hände im Spiel hat.

mehrstufiger Vertriebsweg Beispiel

➥ Beispiel zweistufiger Vertriebsweg

Eine Imkereigenossenschaft verkauft ihren Honig exklusiv an einen Zwischenhändler, der seinerseits mehrere Feinkostläden beliefert, wo die Kunden dann den Honig erwerben. Bei dieser Variante gibt es zwei Absatzmittler – den Zwischenhändler und den Feinkostladen – mithin handelt es sich um einen zweistufigen Vertriebsweg.

➥ Beispiel dreistufiger Vertriebsweg

Ein dreistufiger Vertriebsweg würde aus obigem Beispiel entstehen, wenn etwa der Zwischenhändler den Honig auf einer Online-Plattform anbietet. Dort bestellt der Feinkostladen den Honig, um ihn im Geschäft zu verkaufen. Hier tritt die Online-Plattform als dritter Absatzmittler hinzu und das Produkt gelangt erst über drei Stufen zum Kunden.

Man kann ohne weiteres noch mehr Vermittler einbeziehen. Ein vierstufiges Modell, also:

Handelsvertretung

Zwischenhändler

Online-Plattform

Einzelhandel

käme für unsere Imkereigenossenschaft genauso in Betracht. Zum Beispiel falls sie überregional oder ins Ausland vermarkten will.

Wie lassen sich mehrstufiger Vertrieb und Direktvertrieb voneinander abgrenzen?

Interessant wird es bei der Frage: Ist es mehrstufiger Vertrieb, wenn ein Hersteller – sagen wir ein Sägewerk – seine Produkte (Holzlatten) nicht nur an einen Großhändler sondern auch an Handwerker verkauft? An dieser Stelle kommt es darauf an, was mit den Holzlatten passiert bzw. welche Funktion der Abnehmer aus Sicht des Unternehmens einnimmt. Erwirbt der Handwerker die Latten, um daraus ein Gartentor zu zimmern, dass er dann fertig als eigenes Produkt anbietet, ist der Handwerker für das Sägewerk Endverbraucher der Holzlatten. Damit handelt es sich um Direktvertrieb zwischen Hersteller und Handwerker.

Letzterer kann aber genauso als Absatzmittler fungieren. Nämlich sofern er die Holzlatten beim Sägewerk (einstufiger Vertriebsweg) oder beim Großhändler (zweistufiger Vertriebsweg) einkauft, um diese dann an seine Kunden weiter zu veräußern. Bei beiden Varianten ist der Kunde des Handwerkers der Endabnehmer. Die Abgrenzung fällt nicht ganz leicht, beziehungsweise überlappen sich verschiedene Formen des Vertriebs mitunter. Denn Unternehmen können direkten und indirekten, mehrstufigen Vertrieb durchaus parallel betreiben. Das wäre unter anderem der Fall, wenn es einen Direktverkauf ab Werk plus weitere Absatzwege über Großhändler, Einzelhändler etc. gibt.

Multichannel-Vertrieb vs. Mehrstufiger Vertrieb

Zu Abgrenzungsschwierigkeiten bzw. Überschneidungen kommt es manchmal auch zwischen den Begriffen mehrstufiger indirekter Vertrieb und Multichannel-Vertrieb. Beim Multichannel-Vertrieb geht es um die gewählten Absatzkanäle. Je nachdem, wie diese Kanäle bedient werden, findet der Mehrkanalvertrieb ebenfalls auf direktem oder indirektem Wege statt. Beispielsweise stellt ein Online-Shop einen eigenen Vertriebskanal dar, der aber nicht per se Bestandteil eines mehrstufigen Vertriebs sein muss. Unterhält ein Unternehmen einen solchen Online-Shop als zusätzlichen Absatzkanal selbst, handelt es sich um direkten Vertrieb. In unserem Beispiel »dreistufiger Vertriebsweg (↗)« bildet der Online-Shop als Absatzmittler jedoch eine Stufe auf dem indirekten Vertriebsweg.

Welche Vor- & Nachteile hat mehrstufiger Vertrieb?

Vertriebswege und damit Absatzmöglichkeiten gibt es so einige. Aber welche Form des Vertriebs sollte ein Unternehmen wählen? Beim Direktvertrieb besteht der große Vorteil in der Nähe zum Kunden. Diese Variante ist eigentlich ein Muss, wenn komplexe, erklärungsbedürftige Produkte verkauft werden sollen. Denn hier ist eine intensive Kundenberatung und -betreuung nötig. Und auch individuelle Angebote oder Lösungen lassen sich besser auf die Kunden zuschneiden, wenn es einen engen, direkten Kontakt gibt. Allerdings ist der Direktvertrieb recht personal- und kostenintensiv.

Das Modell indirekter, mehrstufiger Vertrieb hingegen bietet die Möglichkeit, die eigene Vertriebsorganisation schlank zu halten und dadurch Kosten, Personal und Zeit einzusparen. Außerdem erreicht man über verschiedene Vertriebswege mehr Menschen und damit mehr potenzielle neue Kunden. Auf regionaler Ebene kommt hinzu, dass die Vertriebspartner vor Ort die Kundenbedürfnisse oft wesentlich besser einschätzen und deshalb den Absatz effektiver steuern können. Noch ein Vorteil: Durch die Weiterverteilung der Produkte an die Absatzmittler wird der eigene Aufwand bei der Lagerhaltung reduziert.

Und die Nachteile? Die gibt es natürlich auch. Mehrstufiger Vertrieb heißt weniger Einfluss und Kontrolle bei Werbemaßnahmen und Preisgestaltung. Denn das obliegt in der Regel den Absatzmittlern. Weil die auch bezahlt werden wollen, kann das die eigenen Gewinne minimieren. Ein weiterer großer Nachteil ist der mangelnde Kundenkontakt. Kundenfeedback aber bildet die Grundlage, um Schwächen in der Vertriebsstruktur aufzudecken oder Produktverbesserungen vorzunehmen.

Fazit

Mehrstufiger Vertrieb ergibt vor allem dann Sinn, wenn man seine Produkte weit streuen und selbst wenig in den eigenen Vertrieb investieren will. Es empfiehlt sich, bei der Auswahl der Absatzwege zu berücksichtigen, wie die Zielgruppen zusammengesetzt sind und wo man sie am besten erreicht. Denn je mehr Absatzstufen es gibt, desto größer wird das Risiko, den Überblick zu verlieren. Nicht nur deswegen kommt es insbesondere auf eine gute Zusammenarbeit mit den Absatzmittlern an. Diese sollten keineswegs bloß als Mittel zum Zweck sondern als Partner betrachtet werden. Schließlich hängt von ihrem Handeln der eigene Erfolg ab. Umgekehrt kann nur eine partnerschaftliche Zusammenarbeit verhindern, dass ausschließlich der Vermittler die Fäden in der Hand hält und die Bedingungen diktiert. Eine Gefahr, die sich in den letzten Jahren vor allem durch das Aufkommen diverser Online-Handelsriesen verstärkt hat.


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Beitragbilder: Adobe Stock |Olivier Le Moal // Monster Ztudio

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