Frauen im Vertrieb – Ein Interview mit Jasmin Müller

In unserer Reihe „Frauen im Vertrieb“ stellen wir regelmäßig weibliche Sales-Profis vor. Wir lernen hier in Interviews spannende Persönlichkeiten unterschiedlicher Branchen mit verschiedenen Hierarchiestufen kennen. Dieses Mal im Interview: Jasmin Müller.

10 Fragen an... Jasmin Müller (Weyergans High Care AG)

Hallo Jasmin! Stell Dich bitte kurz vor und erzähle uns etwas zu Deinem beruflichen Werdegang.

Ich bin 56 Jahre alt, Ehefrau, Mutter einer wunderbaren Tochter und Oma von zwei Enkelinnen. Meine Leidenschaft für Kosmetik hatte ich schon immer. Ich wusste mit 12, dass ich Kosmetikerin werden möchte. Ich habe das in die Tat umgesetzt, 1990 die Ausbildung gemacht und neben meiner Arbeit gleichzeitig als Freelancerin im Bereich Make-Up und als Kosmetiktrainerin gearbeitet.

Relativ schnell bin ich in die Selbstständigkeit mit eigenem Institut gegangen. Ab da hieß es für mich beinharte Vertriebsarbeit: Ich musste zusehen, dass die Behandlungskabinen mit Kunden gefüllt wurden. So habe ich schon früh gelernt, was es heißt, eine Planung zu erstellen und Kaltakquise zu betreiben.

Nach 14 erfolgreichen Jahren wollte ich mich verändern und wagte den Wechsel in die Ausbildung, um mein Wissen und meine Praxiserfahrung an angehende Kosmetikerinnen weiterzugeben und ihnen gleichzeitig betriebswirtschaftliche Kompetenzen zu vermitteln. Einige Jahre später wechselte ich die Position und das Unternehmen. Ich hatte das Glück bei KLAPP Cosmetics, einem großen deutschen Unternehmen, mit Herrn Klapp die Welt zu bereisen. Ich war zuständig für die Schulungszentren, Betreuung der internationalen Kunden im Trainingsbereich und vor allem das Trendscouting. Herrn Klapp verdanke ich sehr viel. Durch ihn musste ich meine Komfortzone oft verlassen. Das hat mir gezeigt, dass es wichtig ist, neugierig zu bleiben und vor allem keine Angst vor einem „Nein“ zu haben.

Nach diesen Erfahrungen kam jedoch erneut der Wunsch nach Unabhängigkeit auf und ich ging abermals den Weg in die Selbstständigkeit. Dieses Mal mit dem Aufbau einer eigenen Marke. Mit vier Partnern und all unseren Ersparnissen sind wir gestartet – und gescheitert.  Das war eine harte Schule, aber hier habe ich das meiste gelernt.

Noch während der Liquidierungsphase des Start-Ups habe ich eine neue Stelle angefangen, wieder bei einem Traditionsunternehmen: Weyergans High Care AG. Trotz der Sorgen musste ich Erfolg ausstrahlen, Kunden gewinnen und Umsatz erreichen. Ich hatte das Glück, dass ich einen Mentor im Unternehmen hatte, der mich auf diesem Weg begleitet hat. Auch Herr Weyergans und das Team haben mich inspiriert, jeden Tag weiterzumachen. Durch harte Arbeit, den Glauben an mich selbst und eine positive Einstellung habe ich den Aufstieg in den Vorstand geschafft. Mittlerweile habe ich die Vorstandsposition abgegeben und führe heute den Bereich Kosmetik in der Produktentwicklung, Vertrieb Inland und die Trainingsakademie.

Was spornt Dich täglich an bzw. was liebst Du an Deinem Job?

Ich bin stolz darauf, dazu beizutragen, dass Menschen sich in ihrer Haut wohlfühlen und ihr Selbstbewusstsein stärken können. Im Bereich Medical Beauty geht es darum, innovative Lösungen anzubieten, die das Wohlbefinden und die ästhetischen Ziele der Menschen fördern. Diese Verbindung zwischen Schönheit und Medizin und die positiven Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein unserer Kunden sind erfüllend und spornen mich täglich an.

Gibt es in Deinem Alltag Situationen, in denen Du das Gefühl hast Du musst mehr leisten/beweisen/rechtfertigen, als Deine männliche Kollegen?

Ja, es gibt immer wieder Momente, in denen ich das Gefühl habe, zusätzliche Anstrengungen unternehmen zu müssen, um mein Fachwissen und meine Fähigkeiten zu demonstrieren und Entscheidungen zu erkämpfen. Männliche Kollegen haben es da leichter. Sie genießen häufig ein Grundvertrauen.

„Es besteht leider immer noch der allgemeine Irrglaube, dass Männer von Grund auf analytischer, wirtschaftlicher und umfassender denken als wir Frauen. Noch trauriger ist, dass viele Frauen durch diese stereotype Denkweise an ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln und häufig große Chancen in ihrer beruflichen Laufbahn verpassen.

In welchen Bereichen haben Frauen im Vertrieb womöglich einen Vorteil den Männern gegenüber?

Das gilt wahrscheinlich für viele Berufe, die mit einem ästhetischen Feingefühl, Empathie oder den Kundenbedürfnissen zusammenhängen. Nicht, dass Männer diese Fähigkeiten nicht auch besitzen, allerdings besagen sogar große Studien, dass Frauen Menschen einfach „besser lesen“ können. Körpersprache hat im Verkauf einen wichtigen Stellenwert. Besonders im direkten Verkaufsgespräch ist es wichtig, dass man die nonverbale Kommunikation richtig deuten kann. Ein feines Gespür kann dazu beitragen, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen, eine bessere Verbindung zu Kund*innen herzustellen und vor allem einen entsprechenden Deal zu machen.

Wie sieht es in Deinem Unternehmen aus: Wie ist das Verhältnis von Frauen und Männern? Wird das Recruiting von Frauen gefördert?

In meinem Unternehmen sind wir bestrebt, Chancengleichheit zu fördern und das Geschlechterverhältnis ist trotz Beauty Branche ausgewogen. In den Führungspositionen sieht das allerdings anders aus. Hier liegen die Männer vorne. Schade.

Wie verwandelst Du in einem Verkaufsgespräch ein Nein in ein Ja? Hast Du Tipps für Deine Mitstreiter*innen?

Mein Tipp ist, auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele einzugehen, Lösungen verständlich zu kommunizieren und vor allem auf die sofort sicht- und spürbaren Behandlungsergebnisse zu verweisen, die Menschen ein komplett neues Lebensgefühl ermöglichen können. Am wichtigsten ist, dass Kund*innen spüren, dass man selbst von seinem eigenen Produkt überzeugt ist. Eine positive Ausstrahlung, ein gepflegtes Äußeres und ein leichter Endorphin-Boost runden den Erfolg beim Verkaufsgespräch ab.

Was motiviert Dich nach einem erfolglosen Kundengespräch weiterzumachen?

Jeder Fehlschlag ist eine Möglichkeit, es beim nächsten Mal besser zu machen oder eben auch einfach nur den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Manchmal benötigt es eben einen Anlauf mehr, bevor man die Hürde überwindet. Ein bisschen Glück gehört auch beim besten Verkäufer immer dazu.

Telefongespräche, digitale Tools oder Face-to-Face: Wie schließt man Verträge heutzutage am besten ab? Welche Vorteile bringt die Digitalisierung in Deinem beruflichen Alltag mit sich?

In meiner Branche sind persönliche Beratungsgespräche immer noch oft von entscheidender Bedeutung, da sie eine vertrauensvolle Beziehung zur Kundschaft aufbauen. Geräte und Produkte können getestet werden und Kund*innen sich live überzeugen. Die Digitalisierung bietet jedoch den Vorteil, Informationen schnell zu teilen und die Kommunikation bedeutend zu optimieren. Die besten Ergebnisse erzielen wir oft durch die Kombination von persönlichem Kontakt und digitalen Tools.

Welche Rolle spielt Netzwerken Deiner Meinung nach für Frauen im Vertrieb und wie hast Du dein Netzwerk aufgebaut und genutzt?

Das Netzwerken spielt im Vertrieb, unabhängig vom Geschlecht, eine entscheidende Rolle. Für Frauen im Vertrieb kann Netzwerken sogar eine noch wichtigere Rolle spielen, da sie oft in Branchen arbeiten, die historisch von Männern dominiert wurden und in denen es nach wie vor Herausforderungen im Hinblick auf Geschlechtergleichstellung gibt. Ich habe mein Netzwerk durch regelmäßige Kontaktpflege sowohl offline als online aufgebaut. Durch den Besuch von Weiterbildungen, Messen und Kongressen habe ich eine tolle persönliche Datenbank aus unterschiedlichsten Branchen geschaffen.

Welchen Tipp kannst Du Berufseinsteigerinnen im Vertrieb geben?

Sucht Euch einen Mentor oder noch besser eine Mentorin. Viele Frauen trauen sich nicht zu fragen, aber viele sind bereit, Unterstützung zu geben. Besucht Weiterbildungen im Bereich Verhandlungen und Persönlichkeitsentwicklung. Das gibt Euch das nötige Selbstbewusstsein, souverän in der Vertriebsbranche zu bestehen, auch oder gerade, weil sie männerdominiert ist.

Zum Abschluss noch ein Zitat von einer wunderbaren Frau:

„Der Erfolg ist keine Frage des Geschlechts, sondern eine Frage des Denkens und Handelns.“

Angela Merkel

Vielen Dank für das Interview, Jasmin!


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Du bist eine Frau im Vertrieb, die ihre Geschichte erzählen möchte und der einen oder anderen (Quer-)Einsteigerin den Mut machen, den Sprung in die Sales-Welt zu wagen? Dann melde Dich bei uns!

Lade direkt unseren Interview-Fragebogen herunter und schicke ihn ausgefüllt an info@salesjob.de

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salesjob-Team

Autor/Editor

Wir im salesjob-Team brennen seit knapp 20 Jahren alle für Vertriebsthemen und teilen ihr Fachwissen gern mit anderen. Unsere Experten geben dabei nicht nur hilfreiche Tipps zu Vertriebsstrategien, sondern beraten auch zu ausgewählten Berufsprofilen und zu Karrierepfaden im Sales!


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