Kundennutzen ermitteln: Beispiele und Tipps

Veröffentlicht: 24.10.2016 | Update 17.09.2023 | Lesedauer: 6 Minuten

Warum kaufen Kunden? Reich sachlich betrachtet treffen Kunden eine Kaufentscheidung, weil ein Bedarf besteht. Dabei haben sie die Wahl zwischen Produkten unterschiedlicher Anbieter, die diesen Bedarf decken. Sie könnten nun einfach die Merkmale dieser Produkte – wie zum Beispiel Preis, Leistung oder Funktionalität – miteinander vergleichen und eines auswählen. Das würde bedeuten, dass ein Unternehmen nur die relevanten Produktmerkmale besonders positiv hervorheben muss. Aber so einfach ist das nicht, denn die Entscheidung hängt vom individuellen Kundennutzen ab. Was versteht man unter Kundennutzen? Warum ist es wichtig, einen konkreten Nutzen zu formulieren und wie kann man diesen Kundennutzen im Verkaufsgespräch ermitteln?

Inhalt
Was versteht man unter Kundennutzen?
● Exkurs: Merkmal Vorteil Nutzen
Warum ist der Kundennutzen so wichtig?
Wie kann man den Kundennutzen ermitteln?
● Merkmale gehören nicht ins Verkaufsgespräch
● Produktnutzen ist nicht gleich Customer Value
● Fragen führen zum Kundennutzen
Fazit

individuellen Kundennutzen ermitteln

Was versteht man unter Kundennutzen?

Der Kundennutzen (engl. Customer Value) ist eine zentrale Kenngröße für Marketing und Vertrieb. Wenn Kunden sich zu einem Kauf entschließen, dann weil sie für sich einen ganz konkreten Nutzen erwarten. Diese Erwartungshaltung bildet den ausschlaggebenden Grund für die Kaufentscheidung. Aber nur wenn sich das Nutzenversprechen nach dem Kauf erfüllt, stellt sich Zufriedenheit ein. Damit ist der Kundennutzen zugleich Basis für die Kundenzufriedenheit.

Exkurs: Merkmal Vorteil Nutzen

Jedes Produkt dient einem bestimmten Zweck – eine Bohrmaschine ist zum Beispiel dazu da, Löcher zu bohren – das ist ihr Grundnutzen. Mit einem entsprechenden Spannfutter kann man auch Bits einsetzen und sie als Schrauber verwenden. Sie bietet also einen Zusatznutzen. Zugleich weist sie verschiedene Produktmerkmale auf, wie Größe, Gewicht, Leistung oder Akkubetrieb. Aus solchen Merkmalen lassen sich Vorteile formulieren, die den Produktnutzen unterstreichen – etwa multifunktional, besonders klein und handlich, trotzdem leistungsstark.

Allerdings ist der Produktnutzen nicht unbedingt identisch mit dem Kundennutzen. Denn welchen besonderen Nutzen Kunden für sich erwarten, kann ganz verschieden sein. Der eine legt vielleicht Wert auf kabelloses Arbeiten und wünscht sich deshalb eine lange Akkulaufzeit, der andere sucht nach einer Bohrmaschine mit Schlagwerk, weil er auch in Beton bohren will. Deshalb sollte es Aufgabe des Vertriebs sein, genau diesen individuellen Kundennutzen zu ermitteln. Nur dann kann aufgezeigt werden, wie das Produkt die konkrete Nutzenerwartung erfüllen wird.

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Warum ist der Kundennutzen so wichtig?

Viele Verkäufer setzen in ihren Verkaufspräsentationen aber insbesondere auf Produktmerkmale und den allgemeinen Produktnutzen und machen sich kaum Gedanken, welchen Nutzen oder Wert ihr Produkt dem jeweiligen Kunden bieten muss. Das kann schwerwiegende Folgen haben. Ein Beispiel: Firma A vertreibt innovative Produkte und zwar Messgeräte für die Solarindustrie. Es gibt einige andere Anbieter; manche sind billiger, andere teurer und wieder andere unterscheiden sich bei den Serviceleistungen.

Firma A ist schon einige Jahre auf dem Markt und kennt die besonderen Bedürfnisse der Solarindustrie. Schließlich entwickeln die Ingenieure der Firma ein Produkt mit neuen Funktionen und einem Innovationsvorsprung, der die gesamte Konkurrenz überholt. Das Marketing arbeitet diese Alleinstellungsmerkmale heraus und die Verkäufer versuchen Kunden von den Produktvorteilen zu überzeugen. Doch es finden sich keine Abnehmer, da weder Marketing noch Vertrieb einen individuellen Kundennutzen formulieren. Sie haben es schlicht versäumt, das neue Produkt aus Kundensicht zu betrachten.

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Wie kann man den Kundennutzen ermitteln?

Den eigentlichen Customer Value erkennt man nur, wenn man in die Kundenperspektive wechselt. Hier offenbaren sich die eigentlichen Motive, die die Kaufentscheidung beeinflussen. Nachfolgend geben wir Tipps, worauf es im Verkaufsgespräch tatsächlich ankommt und wie man den Kundennutzen ermitteln kann.

Merkmale gehören nicht ins Verkaufsgespräch

Es ist wichtig, sich als Verkäufer den Unterschied zwischen Merkmal, Vorteil und Nutzen bewusst zu machen. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen stellen wir uns ein Motorrad als Anschauungsobjekt vor. Es hat zwei Räder und ist ungefähr einen Meter breit – zwei Produktmerkmale, die aber keinen unmittelbaren Kaufanreiz erzeugen. Stattdessen provoziert man mit bloßen Merkmalen unberechenbare Denkvorgänge beim Kunden. Sagen Sie etwa: »Die Maschine hat satte 200 PS«, könnte der Kunde denken »tolle Beschleunigung« oder »zu hoher Benzinverbrauch«.

Relevante Merkmale kann man natürlich als Vorteil bzw. Produktnutzen formulieren. So hat das Motorrad das Merkmal und den Vorteil, dass es wenig Platz zum Abstellen benötigt, was besonders in Städten nützlich ist. Doch sollten solche Vorteile nicht zwingend vom Vertrieb benannt werden, stattdessen sollte das Marketing dafür sorgen, alle wichtigen Produktmerkmale in Vorteile umzuformulieren und dies entsprechend auf Websites, Produktverpackungen oder in Prospekten präsentieren. Bloße Merkmale hingegen gehören in ein Datenblatt. In einem Verkaufsgespräch haben sie nichts verloren.

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Produktnutzen ist nicht gleich Customer Value

Was aber nützt das beste Motorrad, wenn man keinen Führerschein hat? An dieser Stelle wird schnell klar: Ein Vorteil ist lediglich ein potenzieller Nutzen. Den tatsächlich erwünschten Nutzen kann man nur anhand der individuellen Kundensicht ermitteln. Manch ein Kunde entscheidet sich für ein Motorrad, um schneller zur Arbeit zu kommen, ein anderer will Freunde beeindrucken und der nächste hat einfach nur Spaß am Motorradfahren. Alle hätten also unterschiedliche Motive zum Kauf, aber auch unterschiedliche Erwartungen an das Produkt. Worin der individuelle Kundennutzen besteht, lässt sich eigentlich nur im direkten Kontakt herausfinden. Doch das ist gar nicht so einfach, denn wir Menschen neigen dazu, alle Eindrücke autobiografisch zu bewerten. Das bedeutet, unser Gehirn gleicht alles, was wir sehen, hören und wahrnehmen mit bekannten Mustern ab.

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Fragen führen zum Kundennutzen

Ein Beispiel: Der Kunde deutet im Gespräch an, dass er sich eine Ersparnis erwartet. Nun mag es manchem Verkäufer unter den Nägeln brennen, sofort zu erwähnen, dass es bei einem anderen Kunden eine Einsparung bei den Materialkosten in Höhe von drei Prozent gab. Der aktuelle Kunde allerdings wollte auf etwas ganz anderes hinaus: Ihm ist an einer Zeitersparnis gelegen. Ein Verkäufer, der dann aufgrund seiner bisherigen Erfahrung gleich mit der Kostenerparnis argumentiert, anstatt den Kunden nach seinem Einsparziel zu fragen, wird gar nicht auf die Idee kommen, dass von seinem Produkt auch ein anderer Nutzen erwartet wird.

Vermeiden Sie also, Vorteil und Nutzen gleichzusetzen. Denn ein Vorteil kann beliebig sein, ist aber nicht für jeden Kunden gleichermaßen nützlich. Der echte Kundennutzen wird nur aus der Kundenperspektive selbst wahrnehmbar. Darum helfen hier Argumente nicht weiter, da sie den Blick auf die Kundenwünsche verstellen. Stattdessen müssen Sie im Rahmen der Bedarfsanalyse durch gezielte Fragen herausfinden, was sich der Kunde von ihrem Produkt wirklich erhofft. Zum Beispiel:

❝Welche idealen Veränderungen würden Sie sich im Zusammenhang mit XY für das kommende Jahr wünschen?❞

❝Was genau sollte sich durch den Einsatz von XY für Sie messbar verbessern?❞

Erst, wenn Sie wissen, worin der Kundenbedarf besteht und welche Nutzenerwartung dieser mit einem möglichen Kauf verbindet, können Sie den für den Kunden relavanten Produktnutzen herausfiltern und daraus einen individuellen Kundennutzen formulieren.

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Fazit

Ausschlaggebend für die Kaufentscheidung ist also nicht, was Produkte oder Dienstleistungen alles Tolles beinhalten und leisten, sondern was der Kunde davon wirklich gebrauchen kann. Und nicht jeder Kunde braucht das Gleiche. Verschiedene Kunden interessieren sich vielleicht für das gleiche Produkt, jedoch aus unterschiedlichen Motiven heraus. Genau deshalb ist es im Vertrieb wichtig, Kundenbedürfnisse zu erkennen und Kunden zu zeigen, wie das eigene Angebot ihrem individuellen Kundennutzen gerecht wird.

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salesjob-Team

Autor/Editor

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Beitragsbild: Adobe Stock | Parradee

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