Gang zum Anwalt: Was kostet der Streit im Arbeitsrecht?

Wiederholt hat der Verfasser in dieser Kolumne dazu geraten, in Zweifelsfällen den Gang zum Anwalt anzutreten. Dass dies mit Kosten verbunden ist, schreckt manchen davon ab, sein Recht geltend zu machen. Tatsächlich sieht sich der Mandant oftmals einer Fülle von gebührenrechtlichen Begrifflichkeiten gegenüber, die alles andere als transparent und leicht verständlich sind. Die folgenden Ausführungen sind der Versuch, hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ein wenig Klarheit zu schaffen.

Gang zum Anwalt

Ab wann muss ich für den Gang zum Anwalt zahlen?

Aus Sicht des Mandanten stellt sich immer die Frage: Ab welchem Zeitpunkt muss ich was bezahlen? Grundsätzlich kann man sagen, dass der anwaltliche Gebührenzähler zu laufen beginnt, sobald der Anwalt anfängt, die Informationen vom Mandanten entgegen zu nehmen und diesen zu beraten. Insoweit besteht hier keine arbeitsrechtliche Besonderheit. Man sollte daher frühzeitig von sich aus das Thema Gebühren ansprechen. Die Bitte an den Anwalt: „Schauen Sie sich das doch mal an und sagen mir dann, was ich da machen kann!“ ist ein vollständiger Arbeitsauftrag, der anwaltliche Gebühren auslöst. Erkundigen Sie sich gleich danach, was das kostet. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) gibt dem Anwalt hier zahlreiche Möglichkeiten. Er kann mit Ihnen insbesondere eine Honorarvereinbarung treffen und seine Tätigkeit pauschal oder nach Zeiteinheiten abrechnen.

Kostentragungspflicht im Arbeitsrecht

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, eine der großen Besonderheiten des Arbeitsrechts anzusprechen. Während im übrigen Zivilrecht der Sieger außergerichtlich oder vor Gericht vom Verlierer seine Anwaltskosten erstattet bekommen kann, ist ein solcher Kostenerstattungsanspruch im arbeitsrechtlichen Verfahren I. Instanz ausgeschlossen (§ 12a ArbGG). Jede Seite bleibt daher auf ihren Kosten sitzen. Dies gilt – oftmals schwer nachvollziehbar – unabhängig von der Art des geltend gemachten Anspruchs und von einem etwaigen Verschulden der Gegenseite. Der Arbeitnehmer, der seinen Arbeitgeber verklagt, weil dieser einfach seit drei Monaten keinen Lohn mehr auszahlt, bleibt also genauso auf seinen Kosten sitzen, wie der Arbeitgeber, der einen Mitarbeiter bei der Unterschlagung von Firmengeldern erwischt, kündigt und von diesem dann (erfolglos) verklagt wird. Beim Gang zum Anwalt muss dieser den Mandanten zwingend darauf hinweisen. Unterlässt er dies, sollte man seine Sachen packen und einen Anwalt aufsuchen, der seine Informationspflichten genauer nimmt.

Bedeutung des Bruttomonatsgehalts

Eine weitere Besonderheit im Arbeitsrecht ist die Bedeutung des Bruttogehaltes für die Gebühren- und Kostenberechnung. Soweit Sie nicht von Anfang an ein Pauschal- oder Zeithonorar vereinbaren, wird der Anwalt  nach Ihrem Bruttomonatsgehalt fragen. Wenn der Anwalt nach der Gebührentabelle zum RVG abrechnet, muss er nämlich zunächst den Streitwert oder Gegenstandswert ermitteln. Hierfür gibt es Regelstreitwerte, die sich aus der Praxis der Gerichte für Arbeitssachen entwickelt haben und die alle irgendwie an das Bruttomonatsgehalt anknüpfen. So ist beispielsweise der Rechtsstreit um eine Kündigung in der Regel drei Bruttomonatsgehälter „wert“. Der Anspruch auf ein Zeugnis bzw. dessen Korrektur schlägt gewöhnlich mit einem Bruttomonatsgehalt zu Buche. Allein wenn es um einen konkreten Geldbetrag geht (Lohn und Gehalt), ist dieser maßgeblich.

Die Gebührentabelle zum RVG wiederum ist nach Streitwerten gestaffelt und ergibt dann die konkrete anwaltliche Gebühr, die – ganz grob vereinfacht – ein gewisser Prozentsatz des Streitwertes ist. Noch ein Hinweis: Es ist eine oft zu beobachtenden Unsitte gegenüber dem Mandanten, der erkennbar nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, nur den Nettobetrag zu nennen. Fragen Sie also explizit nach, ob es sich bei den Anwaltskosten um den Endbetrag brutto handelt.

Kündigung? Kurze Fristen beachten!

Bei Streitigkeiten um Kündigungen ist zu beachten, dass es hier eine sehr kurze Frist von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung gibt. Innerhalb dieser Frist muss die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht vorliegen. Soweit man nicht die Gewissheit hat, dass der Arbeitgeber die Kündigung sofort reumütig zurücknimmt, sobald er ein außergerichtliches Schreiben vom Anwalt erhält, sollte man seinen Anwalt gleich beauftragen, Klage einzureichen, ohne es vorab mit außergerichtlicher Korrespondenz zu versuchen. Zum einen ist das Risiko, hier auf eine positive Antwort der Gegenseite zu warten, angesichts besagter Frist zu groß. Zum anderen kann die „Rücknahme“ der Kündigung auch noch später erfolgen. Eine außer- oder vorgerichtliche Korrespondenz (ohne flankierende Kündigungsschutzklage) bringt nur ganz selten ein positives Ergebnis und erhöht die Kosten für den Mandanten.

Im Arbeitsrecht besteht ferner die Besonderheit, dass man sich beim Arbeitsgericht „immer zweimal trifft“. Der eigentlichen Kammerverhandlung geht immer – in der Regel mit mehreren Wochen Abstand – ein Gütetermin voraus. Soweit man sich in „der Güte“ nicht schon irgendwie mit der Gegenseite geeinigt hat, darf man dann noch mal mit seinem Anwalt bei Gericht antanzen. Gebührenrechtlich schlägt der zweite Termin aber nicht extra zu Buche. Denn anders als im Strafrecht, ist die Anzahl der Verhandlungstage irrelevant.

Rechtsschutzversicherung und Prozesskostenhilfe

Ein letztes Wort zum Thema Rechtsschutzversicherung und Prozesskostenhilfe. Arbeitsrechtsstreitigkeiten können durchaus teuer werden. Da es keine Kostenerstattung gibt, gehen sie manchmal aus wie das Hornberger Schießen. Der (rechtzeitige) Abschluss einer Rechtsschutzversicherung kann sich auf diesem Gebiet empfehlen. Sind Sie rechtsschutzversichert, weisen Sie am besten schon vor dem Gang zum Anwalt bei der ersten (telefonischen) Kontaktaufnahme hierauf hin und fragen, ob Sie sich um die Kostendeckung kümmern sollen oder ob er dies machen kann. Erfahrungsgemäß neigen Versicherer dazu, den Versicherungsnehmer „falsch zu verstehen“. Hier kann der Anwalt diese Sache oft schneller und zielgerichteter erledigen. Fragen Sie ihn aber auch, ob er dies als Serviceleitung mit erledigt oder hierfür ein Honorar anfällt.

Falls Sie nicht versichert sind, besteht im Arbeitsrecht oftmals das Problem, dass mit dem Verlust des Arbeitsplatzes auch erst einmal das Einkommen gegen null tendiert. Soweit Sie keine Rücklage haben, sprechen Sie Ihren Anwalt von sich aus (!) an und fragen Sie nach Beratungshilfe (außergerichtlich) oder Prozesskostenhilfe (wenn´s vor Gericht geht). Den sogenannten Beratungshilfeschein kōnnen Sie schon vor dem Gang zum Anwalt beim Amtsgericht besorgen.

Ein Wort zu den Gerichtskosten: Diese sind im Arbeitsrecht überschaubar und im Gegensatz zu den Anwaltskosten zu vernachlässigen. Sie sollten der Vollständigkeit halber von Ihrem Anwalt bei der Frage nach dem Kostenrisiko aber auch hierüber informiert werden. Im Gegensatz zum normalen Zivilrechtsstreit besteht ferner der Vorteil, dass Sie als Kläger nicht in Vorleistung gehen müssen. Sie müssen also keinen Gerichtskostenvorschuss leisten, damit das Verfahren überhaupt in Gang kommt. Bei den Gerichtkosten wird erst hinterher abgerechnet.

Ihr Edmund Fleck

Bild: geralt | pixabay.com

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