Gehaltstransparenz: Per Gesetz zur fairen Bezahlung?

Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit? Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist leider immer noch Zukunftsmusik. Denn laut den Angaben des Statistischen Bundesamtes liegt der sogenannte Gender Pay Gap bei 18 %. Überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer. Offenbar hat daran auch das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) bisher nichts ändern können. Dabei sollte das Gesetz für mehr Gehaltstransparenz sorgen und damit eine Grundlage schaffen, die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern abzubauen. Allerdings scheint man in Deutschland gar nicht neugierig zu sein, was denn der Kollege oder die Kollegin so verdient.

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Gehaltstransparenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Das zeigt unter anderem die Randstad ifo Personalleiterbefragung, die im Januar 2019 die Resonanz auf das Gesetz zur Gehaltstransparenz untersucht hat. Demnach gab es bei lediglich 10 Prozent der Unternehmen Gehaltsanfragen. Und von diesen Anfragen führten wiederum nur magere 14 Prozent überhaupt zu einer Gehaltsanpassung. Das klingt ziemlich enttäuschend. Aber vielleicht wissen viele auch gar nicht, was das Gesetz für sie bedeutet? Oder gibt es gar andere Hemmschwellen, die dem Wunsch nach mehr Gehaltstransparenz entgegen stehen?

Wie sieht die aktuelle Entwicklung aus?

Im Sommer 2023 wurde eine erneute Evaluierung des Entgelttransparenzgesetzes durchgeführt, um dessen Effektivität zu prüfen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass das Gesetz und seine Maßnahmen nach wie vor nicht ausreichend Bekanntheit unter den Beschäftigten genießt. Der individuelle Anspruch auf Auskunft wird von Beschäftigten weiterhin zögerlich genutzt und nur wenige Unternehmen überprüfen ihre Entgeltstrukturen freiwillig. Auch veröffentlichen weniger Firmen als vermutet Berichte zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit. Aktuelle Handlungsempfehlungen gibt es noch nicht – aber die Empfehlungen des Bundesfrauenministeriums bilden eine bedeutende Grundlage, um das Entgelttransparenzgesetz weiterzuentwickeln und seine Wirksamkeit zur Verringerung der Lohnungleichheit zu steigern.

Auch müssen die EU-Entgelttransparenzrichtlinien berücksichtigt werden, welche am 24.04.2023 in Kraft getreten sind. Diese Richtlinien erfordern eine Umsetzung in das nationale Recht bis Juni 2026 und sehen verbindliche Transparenzmaßnahmen für Arbeitgeber, sowie eine Stärkung der Rechte der Beschäftigten zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots vor.

Wann ist das Entgelttransparenzgesetz überhaupt anwendbar?

Das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern – wie es offiziell heißt – ist am 06.07.2017 in Kraft getreten. Danach haben Arbeitnehmer seit dem 06.01.2018 einen Anspruch auf Auskunft über die Höhe des Gehalts eines Kollegen des jeweils anderen Geschlechts, sofern die gleiche oder eine gleichwertige Tätigkeit ausgeübt wird. Hört sich doch soweit erst einmal gut an, oder? Aber wann greift das Gesetz überhaupt?

  • Zunächst einmal muss das Unternehmen mehr als 200 Beschäftigte haben. Und das bedeutet, dass der Auskunftsanspruch für viele von vornherein gar nicht besteht. Denn in Deutschland arbeitet die Mehrheit in kleineren und mittleren Unternehmen mit weniger Mitarbeitern.
  • Sofern man in einem Unternehmen angestellt ist, welches groß genug ist, gilt es, die nächste Hürde zu nehmen. Es muss eine Gruppe von sechs Kollegen des anderen Geschlechts her, mit denen man sich vergleichen kann. So braucht etwa eine Telesales-Mitarbeiterin sechs männliche Kollegen, die die gleichen Aufgaben haben wie sie selbst, um einen Auskunftsantrag stellen zu können. Das mag in einem großen Call Center auf der untersten Ebene noch funktionieren, gestaltet sich aber schon schwieriger, wenn man nur eine Hierachiestufe nach oben geht.
  • Selbst wenn diese Voraussetzung gemeistert ist, ist man noch lange nicht am Ziel. Denn jetzt hat der Arbeitgeber drei Monate Zeit, das schriftliche Auskunftsverlangen des Arbeitnehmers zu bearbeiten. Allerdings besagt die Auskunft, sofern man sie überhaupt bekommt, nichts über die tatsächliche Höhe der Vergütung der Kollegen. Sondern der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, den sogenannten Medianwert, also das mittlere Gehalt aus der Vergleichsgruppe, anzugeben.
Gehaltstransparenz

Führt Gehaltstransparenz zu mehr Lohngerechtigkeit?

Angenommen die Gegebenheiten sind da, man hat sich getraut und hält die begehrte Auskunft in den Händen. Und es stellt sich heraus, dass man tatsächlich weniger verdient als der nette Kollege nebenan – was passiert dann? Nun, wenn der Arbeitgeber nicht will – gar nichts. Zwar schreibt das Gesetz vor, dass Gehälter angepasst werden müssen, sofern es eine geschlechtsspezifische Benachteiligung gibt. Allerdings sind keinerlei Sanktionen vorgesehen, wenn eine Anpassung nicht erfolgt. Das gilt übrigens auch für das Auskunftsersuchen. Mit anderen Worten: Für den Arbeitgeber besteht eigentlich kein Handlungszwang, eine Auskunft zu erteilen oder gar Gehaltsanpassungen vorzunehmen.

Stößt man mit seinem Ansinnen nicht auf Wohlwollen, bleibt letzten Endes nur der Gang zum Gericht. Aber wer nimmt das gerne auf sich? Wie steht man damit im Unternehmen da? Zumal der Ausgang eines solchen Rechtsstreits ungewiss ist. Daher scheint es kaum verwunderlich, dass das Gesetz für mehr Gehaltstransparenz nicht so recht Wirkung entfalten will. Hinzu kommt sicherlich auch die Tatsache, dass das Gehalt in deutschen Unternehmen immer noch ein Tabuthema ist. Fraglich also, ob das Gesetz in dieser Form das richtige Mittel ist, Gehaltslücken zu schließen und für ein faires Gehalt zu sorgen. Und wenn schon Gehaltstransparenz, dann nicht nur zwischen Frauen und Männern, sondern für alle gleichermaßen. Denn Ungerechtigkeit beim Gehalt gibt es auch innerhalb desselben Geschlechts.

Beitragsbild: inkdrop // AdobeStock

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